Trix-Express
Meine erste Modelleisenbahn bekam ich ca. 1956. Es war ein "TRIX-EXPRESS" Oval mit einer kleinen zweiachsigen Dampflok und drei "Donnerbüchsen" aus grün lackiertem Weißblech, von denen man das graue Dach durch Schieben abnehmen konnte (das war damals praktisch für den Transport von Bonbons). Die Lok war etwas "hochbeinig", hatte aber immerhin richtige Speichenräder, Kolben- und Treibstangen, Kessel, Kohlenkasten und ein Führerhaus. Die Versorgungsspannung war entweder 3 oder 4,5 V, daran kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Auf alle Fälle wurden für das Fahrgerät Batterien benötigt, die natürlich immer leer waren. Dem ständigen Batterien Kaufen leid, beschloss mein Vater, einen "richtigen" Trix Transformator zu kaufen. Gesagt, getan. Ich durfte die Geschwindigkeit allerdings dann nicht voll aufdrehen, "Sonst geht der Motor kaputt". Die Schienen bestanden aus U-förmig gebogenen Weißblechprofilen, die mittels Laschen auf einem dunkelbraunen Hartpapierschwellenband befestigt waren. Der komische Mittelleiter, der mir damals schon sehr unnatürlich vorkam, gehörte laut meinem Vater dazu. Er konnte es ja wissen, dachte ich, sein Vater, mein Opa, war ja Eisenbahner gewesen. Das spröde Kunststoffgehäuse der Lok war nichts für "zarte" Kinderhände und so fehlten bald Teile der Trittstufen, des Aufbaus und der Kamin.

Die Bahn wurde immer im Wohnzimmer aufgebaut und zwar auf dem Tisch, auf der
dicken Wolltischdecke, die damals schon sehr geräuschdämmend gewirkt haben muss. Durch die viel zu
hohe Ausgangsspannung des normalen Fahrgerätes flog die Lok aus der Kurve und landete
Donnerbüchse aus lackiertem Weißblechunsanft auf den Boden, wobei immer mehr des Aufbaues
verloren ging. Ich weiß noch, dass wir immer Rampen in die Strecke einbauten, wobei Bauklötze als Pfeiler
dienten. Irgendwann musste die Lok ja von diesen windigen Konstruktionen herunterfallen. So fuhr die
Lok bereits nach einigen Monaten nur noch "oben ohne". Die Blechwagen überlebten die Stürze ohne großen
Schaden zu nehmen. Dann machte die Anfangspackung auch bald keinen Spaß mehr und landete bei anderem
Spielzeug in irgendeinem Karton auf dem Speicher.
Ein Jahr später, wieder zu Ehren des heiligen Nikolaus, ersann sich mein Vater der
lädierten kleinen Bahn und ging mit einem Bekannten dran, die Gleise auf eine Sperrholzplatte
zu schrauben und den Gleisplan um zwei Weichen und einer Kreuzung zu erweitern. Als Krönung wurden nun
auch eine BR 24 Schlepptenderlokomotive und ein zweiteiliger roter Triebwagen gekauft und der
Fuhrpark um drei Güterwagen und einen Packwagen erweitert. Auch ein zweites Fahrgerät musste
her. Der Bekannte meines Vaters, der Elektriker war, kümmerte sich um die professionelle Verdrahtung von
Weichen, Weichenschaltern, Gleisen und Trafos untereinander. Der nicht sehr kontaktsichere
Trix-Express Mittelleiter wurde vorsorglich verlötet. Pünktlich am Nikolaustag konnte ich die Anlage
übernehmen, allerdings nicht ohne gründliche Einweisung durch die beiden Erwachsenen. Besonders die
Betätigung der Weichenhebel erforderte lange Erklärungen über Spulen, die heiß werden und verbrennen,
wenn man den Hebel zu lange festhält. Trotzdem waren die grauen Kunststoffabdeckungen der Weichenantriebe
nach einigen Tagen über die Spulen "gelaufen" wie Käse über eine Pizza. Natürlich war nicht ich daran
Schuld, sondern meine kleineren Geschwister oder die Kinder aus der Nachbarschaft. Man musste ja um diese
Anlage betreiben zu können, immer einen Gehilfen haben.
Baureihe 24 von Trix-Express - "Steppenpferd"Da Standen zwei Fahrpulte, eine ganze Batterie
von aneinandergereihten grünen und gelben Schaltern mit verchromten Hebeln für die
Weichen, Entkuppler und Licht. Dank des genialen Trix-Express Systems war bereits damals ein unabhängiges
Zweizugsystem möglich und dank der Kreuzung und der Weichen bestanden nun auch jede Menge Möglichkeiten,
die Züge kollidieren zu lassen, was es durch geschicktes Umlegen der Weichen zu vermeiden galt. Es gab
trotzdem so manche Flankenfahrten oder Frontalzusammenstöße. Die Robuste Ausführung der Lokomotiven in
Zinkdruckguss verhinderte aber so katastrophale Folgen, wie bei meiner ersten Lok. Lediglich das
Tendergehäuse der BR24 war noch aus dem alten spröden Kunststoff und sah bald sehr mitgenommen aus.
Irgendwie hatte der Modellbahn-Bazillus mich nun gepackt und ich begann mich immer
mehr für die großen und kleinen Bahnen zu interessieren. Auch die sauber verlegten bunten Kabelstränge,
die an den entsprechend gefärbten "Pilz"-Druckklemmen endeten, übten eine gewisse Faszination auf mich aus.
Ich erinnere mich noch daran, dass immer wenn ich bei meiner Oma in Tilburg einen Teil meiner Ferien
verbrachte, ich sie bat, mich mit in die Stadt
Restaurierte BR80 von Trix-Expressin das Spielwarengeschäft "Van Nuenen-Boes"
zu nehmen, damit ich die dort ausgestellte wunderschöne Modellbahn bestaunen konnte. Mein Vater
nahm uns mit zu einem Kollegen, der ebenfalls eine Modellbahn im Aufbau hatte und ich bestaunte die
Lokomotiven und Wagen und konnte mir trotz fehlender Ausstattung genau die zukünftige Landschaft ausmalen.
Ungefähr zur gleichen Zeit fing ein Onkel von mir auch mit Trix-Express an und ich fuhr auf dem Rad zu
ihm, um ihm beim Aufbau der Landschaft zu "helfen". Kurzum es war für mich faszinierend.
Die Eisenbahnplatte blieb nun die nächsten Jahren unverändert. Immer wenn sie vom Speicher in das Wohnzimmer heruntergeholt wurde, wurden aus Lego-Bausteinen Bahnhöfe und Häuser dazu gebaut und mit meinem neuen Elektro-Baukasten die Häuser beleuchtet. Der zweiteilige Triebwagen wurde inzwischen dem Onkel verkauft, weil er für uns wohl etwas zu filigran und auch zu teuer war. An der Stelle erhielten wir eine Baureihe 80 Tenderlokomotive. Ich fand es nur Schade, weil der Triebwagen eine so schöne Beleuchtung hatte und die Tenderlok wieder aus Kunststoff war. Der Kunststoff stellte sich allerdings als sehr Bruchfest heraus. Lediglich der Kamin und der Kohlenkasten wurden mal von mir ersetzt. Oben ist die über 50-jährige abgebildet.
Irgendwann war die Trix-Express Periode vorbei. Das Schienensystem mit dem
unnatürlichen Mittelleiter, die überdimensionalen Radflansche, die asymmetrischen
Kupplungen und Schienenschleifern, die ein Drehen der Fahrzeuge verhinderten, waren da wohl
ausschlaggebend. Die Entscheidungsgewalt lag natürlich nicht bei mir, sondern bei meinem Vater.
Die Schienen wurden von der Platte geschraubt und die Weichen mit ihren beleuchteten Laternen
einem Nachbarn verkauft. Das sonstige Material landete in einen Karton. An der Stelle der Trix-Express
Bahn kam eine Fleischmann Bahn mit einer V60 in der Farbgebung der belgischen Eisenbahnen und 2 einfache
Güterwagen. Das Gleisoval mit den Messingschienen und den beiden Weichen wurde auf die
alte Platte geschraubt. Eines der Trix-Express Fahrpulte und die Trix-Express Stellhebel wurden
weiterbenutzt.
Trix Hebelstellwerk Ich fand es Schade, dass die Trix Lokomotiven
und Wagons nun gar nicht mehr benutzt werden konnten und wagte mich an einem Umbau. In meinem
jugendlichen Leichtsinn spannte ich die Räder der Trix BR80 in eine Handbohrmaschine und
bearbeitete die Flansche mit einer Feile nach Augenmaß. Ich erinnere mich noch genau an die langen
haarfeinen, glitzernden Späne, die dabei durchs Zimmer flogen. Die Stromabnahme war das kleinere
Problem. Die mittleren, geraden Schleifer wurden einfach durch die abgewinkelten der noch vorhandenen
BR24 ersetzt. Es blieb jedoch das Kupplungsproblem. Irgendwie konnte ich aber die Fleischmann
Hakenkupplung und die Trix Bügelkupplung eher schlecht als recht zum Einrasten bringen. Es blieb aber
immer ein Behelf. Als das mit der Lok geklappt hatte, kam auch der Rest des Trix Fuhrparks an die Reihe.
Die Arbeit an den Kunststoff Rädern ging relativ leicht von der Hand und der Umbau hat irgendwie
funktioniert, wurde jedoch kein Erfolg. Die leichten Trix-Express Wägelchen neigten zum Entgleisen,
ließen sich nicht schieben, entkuppelten spontan oder entgleisten in den Weichen. Irgendwann wurde auch
der braune Kunststoff der Güterwagen so spröde, dass die Wagen förmlich zerbröselten. So wurde die
Weiterverwendung der Trix Fahrzeuge auf der Fleischmann-Bahn nur zu einem Intermezzo, bis ausreichend
Fleischmann Material zur Verfügung stand. Der abgefahrene Rest des Trix rollenden Materials landete
wieder in den Karton und wurde nie mehr angefasst. Die alten Trix Schienen kamen noch mal kurz zum Einsatz
- über einen Adapter - als Erweiterung der Fleischmann Bahn.

Die alte BR80 auf Hochglanz
Als ich vor einigen Jahren die BR80 wieder in Händen hielt, tat mir der
unprofessionelle, kindliche Umbau von damals leid und habe ich die Lok wieder instandgesetzt. Eigentlich
eine unsinnige Arbeit, weil es diese Lok auf den Flohmärkten für ein Paar Euro in einem guten
Original-Zustand zuhauf gibt. Da spielte wohl bei mir ein wenig Nostalgie mit.
Heute stehen die
verbliebenen Reste aus der Trix-Express Periode vor mir in einer Vitrine.
© 1997 - 2021 Gerard Clemens letzter Update 22.05.2021