Haan - Gruiten
Seit 1975 arbeite ich und seit 1977 wohne ich in Gruiten. Deswegen möchte ich auf
dieser Seite einige Eindrücke von meiner Wahlheimat in Bild und Schrift wiedergeben. Obwohl Gruiten
rundherum von großen Städten, wie Düsseldorf, Wuppertal, Solingen, Haan und der Kreisstadt Mettmann
umgeben ist, überwiegt hier noch das Ländliche. Es sind die großen naturbelassenen und landwirtschaftlich
genutzten Flächen, die zusammen mit dem alten Fachwerkdorf
Der Turm der Nikolauskirche ragt aus dem herbstlichen Düsseltal
Gruiten diesen ländlichen Charakter prägen. Das Naturschutzgebiet Neandertal liegt im Westen
direkt vor der Haustüre. Nach Nordosten erstreckt sich das Düsseltal über Schöller und Düssel
bis Aprath und hat auch hier für die Wanderer und Radler viel zu bieten. Das Waldgebiet
Osterholz nord-östlich von Gruiten ist sehr ausgedehnt und geht bis an die ersten Häuser von
Wuppertal-Vohwinkel. Alles zusammen sind diese Gebiete eine Art grüne Lunge, die den Eindruck
erwecken, dass man gar nicht so in Stadtnähe wohnt. Trotz des ländlichen Charakters ist man mit der
Bahn in wenigen Minuten im Zentrum von Düsseldorf oder Wuppertal. Nur manchmal merkt man doch, dass
man inmitten eines Ballungsgebietes wohnt. Bei ungünstigem Wind (Süd und Südwest) dringt der Lärm
der Eisenbahn und der angrenzenden Autobahnen bis in die Wohngebiete Gruitens. Bei günstigem
Wind ist es besonders am Sonntagmorgen absolut still. Außer dem entfernten Läuten der Kirchenglocken
und dem Zwitschern der Vögel ist dann nichts zu hören.
Gruiten ist seit 1975 ein Ortsteil von Haan. Bei der damaligen Gebietsreform wurde es,
wie es die Mehrheit der gruitener Bürger bevorzugte, der Stadt Haan statt der Stadt Wuppertal zugeschlagen.
Die Stadt Haan war so ihrerseits in der Lage, ihre Selbständigkeit zu behalten und die Gruitener brauchten
für ihre Amtsgänge nicht nach Wuppertal fahren. Von 1894 bis 1975 war Gruiten mit den Orten Schöller,
Hochdahl und
Idylle an der Düssel, Teich beim Hof Pelzers
Millrath eine selbständige Gemeinde oder "Bürgermeisterei" (mit der
eigenen Postleitzahl 5601). Alles war sehr ländlich und wenig industrialisiert.
Im wirtschaftlichen
Mittelpunkt stand über Jahrhunderte der Kalkabbau. Kleinere Gruben und Steinbrüche sind heute noch klar
in der Landschaft und im Düsseltal zu erkennen. Unübersehbar ist die Grube 7, die bis Ende der
60-er Jahre genutzt wurde. Heute ist Grube 7 ein Naherholungs- und Landschaftsschutzgebiet.
Eine Seilbahn transportierte damals den Kalk in Gondeln hoch über dem Dorf zum Sinterofen und
zur Verladestelle an der Fuhr in der Nähe des Bahnhofes. Als markantes Überbleibsel aus dieser Zeit gilt
der "Puderberg", ein künstlicher Hügel aus Staub, Erde und Steinen direkt an den Gleisen nach Millrath.
Die Verladestelle befand sich auf dem Gelände des heutigen Gewerbegebiets "Leichtmetallstraße" und
verfügte über normal- und schmalspurige Anschlussgleise. Auch das Tal der Düssel diente als
Transportweg für den Kalk zur einem Kalkofen mit Bahnverladung in Millrath. Mit kleinen Dampflokomotiven
und Loren wurde das Gestein auf schmalspurigen Strecken entlang den Windungen der Düssel befördert.
Ein Beispiel einer solchen Lokomotive steht vor den Kalkwerken "Oetelshofen" in Wuppertal Dornap
(Hahnenfurth). Die einstige Bedeutung des Kalkabbaus für Gruiten hat viele weiteren Spuren
hinterlassen. So bestehen viele Gebäude in Gruiten ganz oder teilweise aus behauenem Dolomit
(kalkhaltiges Gestein). Einige Häuser sind von den Kalkwerken als Dienstwohnung für Mitarbeiter errichtet
worden.
Der kath. Friedhof mit dem alten Nikolaus Kirchturm
Das Rathaus, ein typisches Beispiel für ein Bauwerk in Kalkstein, beherbergt heute den "Bergisch
Rheinischen Wasserverband". Sogar im gruitener Wappen wird der Kalkabbau symbolisch
gezeigt.
Das Wappen von
Gruiten symbolisiert
den Kalkabbau
In den 50-er Jahren wurde der Transport des Kalkgesteins auf Schwer-LKW umgestellt. Um
nicht das Dorf Gruiten mit diesen Riesen-LKW durchfahren zu müssen, wurde kurzerhand eine
neue breite Straße von Grube 7 zu den Kalköfen an der Fuhr angelegt. Dieser Weg, die heutige "Sinterstraße"
unterquerte das Dorf in einem Tunnel. Heute zugemauert, führte der Tunnel genau unterhalb des
Friedhofs mit seinem Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert (Bild rechts).
Gruiten liegt sehr "verkehrsgünstig" an der Autobahn A46 und
an der S-Bahnstrecke Mönchengladbach - Hagen (S8). Die Eisenbahnstrecken Wuppertal-Köln und
Wuppertal-Düsseldorf verzweigen in Gruiten. Der für den kleinen Ort viel zu große Bahnhof belegt die
Bedeutung des Bahnhofs als Abzweig- und Umsteigebahnhof. Mit der Inbetriebnahme der S-Bahnstrecke
wurden alle Rangier- und Ladegleise und Nebengebäude im Bereich des Bahnhofs zugunsten des Park- and Ride
Parkplatzes abgebaut. Trotzdem ist der Bahnhof immer noch recht beeindruckend.
Der historische Ortskern Gruitens liegt am Zusammenfluss
der Düssel und der "Kleinen Düssel". Die Kleine
Düssel, auch 'Mühlbach' genannt, ist ein Bach, der von mehreren kleinen
Der Dorfanger in Gruiten Dorf mit "Haus am Quall"
Bächen gespeist wird. Darunter fallen der Krutschheider Bach und die eigentliche Kleine Düssel, die in
Wuppertal-Vohwinkel bei Gut Bolthausen unterhalb der A46 ihre Quelle hat. Sie fließt durch den
Ortskern, wo sie in einem aus Bruchstein gemauerten Bett durch die Hauptstraße, die Pastor-Vömel-Straße,
führt. Die Häuser und die katholische St. Nikolaus Kirche jenseits (nördlich) der kleinen Düssel sind
über Brücken zu erreichen. An der kleinen
evangelischen Kirche , mitten im historischen Dorf, befindet sich die Brücke über die Düssel.
Der enge Durchlass dieser Brücke bescherte den Einwohnern des Dorfs nach jeder kräftigen Regenschauer
immer wieder Wasserüberlast und vollgelaufene Keller. Um die regelmäßigen Überschwemmungen bei
Hochwasser beider Flüsse zu vermeiden, wurde vor einigen Jahren der Zusammenfluss aus dem Dorfkern zu
einem Punkt weiter flussabwärts verlagert.
Die Kleine Düssel wurde 1993 umgeleitet und fließt nun über den "Dorfanger" (Bild links).
Sie mündet einige 100m weiter in die Düssel und umgeht so den engen Durchlass der Düsselbrücke. Das
Teilstück des alten Flussbetts an der Pastor-Vömel-Straße vor dem Wiedenhof wurde - nun aber ohne Wasser -
beibehalten.
Bis vor einigen Jahren (1989) floss nicht nur viel Wasser durch Gruiten Dorf, sondern
auch der ganze Straßenverkehr zwischen Haan und der Kreisstadt Mettmann. Das Dorf mit seinen vielen
Fachwerkhäusern wurde durch die schweren LKW erschüttert und manchmal staute sich auch der Verkehr auf
beiden Seiten des Engpasses am westlichen Ausgang des Dorfes. Seit dem Bau einer Umgehungsstraße um den
alten Dorfkern ist die Ruhe in Gruiten Dorf wiedergekehrt. Leider hatte die Maßnahme die negative
Auswirkung, mehr Verkehr anzuziehen, der nun die Eisenbahnbrücke am Bahnhof aus dem Anfang des 20.
Jahrhunderts arg zusetzte. Die Bahn hatte sich von dem "maroden" Bauwerk rechtzeitig
getrennt und es dem Kreis vermacht, da es ja Teil der Kreisstraße K20 war. Um die Brücke zu schonen,
wurde ihre Tragfähigkeit von 30 auf 12 Tonnen heruntergesetzt und die Benutzung für schwere LKW verboten.
Im Sommer 1997 wurde die
massive Steinbogenbrücke abgerissen, wobei sie nicht nur bei mir, sondern auch
bei der Abrissfirma einen noch recht "gesunden" Eindruck hinterließ. Der Verkehr wurde für
die 'brückenlose' Zeit einspurig über eine
Behelfsbrücke geführt. Ende Oktober wurde die neue Brücke mit einer Tragfähigkeit
von 60 Tonnen dem Verkehr übergeben. Ein weiteres Hindernis wurde aus dem Wege geräumt und die Gruitener
warten jetzt darauf, dass der stetig zunehmende Straßenverkehr ein neues Hindernis entdeckt, das es zu
umfahren bzw. zu umbauen gilt. Durch eine erneute Baumaßnahme am Sportplatz in Gruiten und die noch
geplanten Erweiterungen, wird der Verkehr mit Sicherheit noch weiter zunehmen.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahn angelegt wurde, lag das eigentliche
Dorf Gruiten unten im Tal der Düssel, weit ab vom 'seinem' Bahnhof, mit dem Namen "Station Haan". Die
Entfernung war mehr als ein Kilometer. Es bildete sich oben am Bahnhof, "auf Station" eine neue
Siedlung, die bald mehr Einwohner hatte als das alte Gruiten. Auch das Rathaus wurde hier im heimischen
Naturstein neu errichtet. Fortan befand sich das eigentliche Gruiten oben an der Bahn und Gruiten Dorf war
das kleine historische "Anhängsel" unten an der Düssel. Die Bahnstraße wurde die wichtigste Straße mit
Läden und öffentlichen Gebäuden wie Rathaus,
Der Bahnhof Gruiten
Postamt und Bibliothek. In den 50-er und 60-er Jahren gab es wieder rege Bautätigkeit in
Gruiten. Hierdurch wurde nach und nach die Lücke zwischen Gruiten und Gruiten Dorf baulich
geschlossen. Die nächste größere Baumaßnahme war die Erschließung und Bebauung des
Düsselberges. Der Düsselberg wurde bis dahin noch teilweise landwirtschaftlich genutzt, teilweise war es
eine grün überwucherte Industriebrache, die nach dem Rückzug der Kalkwerke Ende der 1960-er Jahre
zurückgeblieben war. Am Düsselberg entstand eine Neubausiedlung, die sich aufgrund ihrer Nähe zum
S-Bahnhof, der Autobahn und des Naherholungsgebiet Neandertal großer Beliebtheit
erfreut.

Das Tal der Düssel ist zwischen Gruiten und Erkrath als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Die am Tal grenzenden Gemeinden haben sich zu einem
Naherholungsverband Neandertal zusammengeschlossen. Zahlreiche beschilderte Wanderwege
Haus "Zum Schwan" in Gruiten Dorf
durchkreuzen das Gebiet und an sonnigen Tagen gehen die Einwohner der umliegenden Städte hier in
Massen spazieren. Früher gab es entlang des Weges noch Ausspannungen für den Sonntagskaffee,
wie das "Haus Wanderklub" mit Kinderspielplatz und die "Winkelsmühle" mit Ruderteich und Wildgehege.
Heute ist das Haus Wanderklub privat bewohnt und der Naherholungsverband
Neandertal hat sich in die
Winkelsmühle
niedergelassen. Am
Gruitener Ende des Tales gibt es nur noch ein Lokal, das Haus "Im Kühlen Grund". Natürlich gibt es auch
einige Lokale in Gruiten Dorf, wie das hier abgebildete "Zum Schwan". Auf der erkrather Seite
des Tales, das hier Neandertal heißt, gibt es viele Lokale und das alte wie das neue Neandertalmuseum.
Das neue Museum ist ein starker Publikumsmagnet, der nicht nur viele Wanderer aber auch besonders viele
Autofahrer anzieht. Nur die wenigsten von diesen motorisierten "Wanderern" erreichen Gruiten zu Fuß
und genießen die Ruhe und Schönheit des oberen Teils des Düsseltales. Für die meisten
reicht eine Runde um das eiszeitliche Tiergehege. Bei einer Weglänge von ca. 8 km vom
Neandertalmuseum bis Gruiten ist das kein Wunder.

Einmal im Jahr, im Sommer, feiern die Gruitener ihr "Dorffest". Alle lokalen Vereine,
Verbände, Clubs und Organisationen wie das Rote Kreuz, die Feuerwehr, der Energieversorger und zahllose
andere bauen auf dem Dorfanger ihre Zelte auf,
Zusammenfluß der Kleinen Düssel
(rechts) mit der Düssel (links)
stellen aus, verkaufen ihre Werke oder Produkte oder bieten die üblichen Stärkungen wie Bier, Wurst,
Reibekuchen, Crêpes und Waffeln an. Mit Musik, Tanz und Vorführungen werden die Besucher bei Laune
gehalten, auch wenn das Wetter - wie üblich - nicht mitspielt. Eine Tombola, zu dem Haaner und
Gruitener Unternehmen die Preise beisteuern, schließt das Fest am Sonntagabend ab. Das Bürgerhaus
in Gruiten bietet mehr als ausreichend Platz für lokale und regionale Veranstaltungen und
Feiern.
Direkt am Bürgerhaus befindet sich das Hallenbad. Es stammt aus den 1970er Jahren und der
Zahn der Zeit hat bereits arg an die Substanz genagt. Das Dach des Bades ist schadhaft und
wegen der akuten Einsturzgefahr ist das Bad geschlossen. Der Fortbestand des Hallenbad ist
angesichts der finanziellen Lage der Stadt Haan nicht gesichert. Es gibt einige Bolzplätze und einen
großen Sportplatz, der dem neuen Bauboom in Gruiten zum Opfer zu fallen droht. Als Ausweiche für die
Sportler des TSV Gruiten wird ein neues Sportareal an der "Windfoche" angeboten. Der
Tennisclub mit seinem Plätzen am Neandertalweg und das
Familien
Fitness Center runden das sportliche Angebot ab.
Zum Teil fertiggestellt ist eine Golfbahn
im Norden Gruitens. Die öffentliche Bahn mit dem Namen "Düsseltal" ist in der Nähe der Anstalt "Benninghof",
weit oberhalb des eigentlichen Düsseltales errichtet worden. Diese Golfbahn wird den Durchgangsverkehr
in Gruiten weiter beleben.
Bis hierhin ist der Artikel weitestgehend noch der Artikel, wie ich ihn 1997 erstmals veröffentlich habe. Es gab 2006 ein kleines Update aber im Grunde beschreibt der Artikel immer noch Gruiten im Jahre 1997. Was hat sich seitdem verändert?
Bürgerhaus
Saal und Foyer wurden 2012 geschlossen. Das Gebäude war verwaist und wurde immer mehr verunstaltet. Im Frühjahr 2019 wurden Bürgerhaus und Schwimmhalle abgerissen. Das Gelände liegt jetzt brach. Lothar Weller berichtet in seinem Blog "Gruitener Geschichte(n)" ausführlich über das Bürgerhaus.
K20n
Die Zunahme des Autoverkehrs führte zu unhaltbaren Zuständen auf den Straßen Gruitens. Die Wegeführung der Kreisstraße 20 für den Durchgangsverkehr von der Millrather Straße über die Hochstraße, Brückenstraße, Thunbuschstraße, Dörpfeldstraße, Parkstraße, Pastor-Vömel-Straße zur Mettmanner Straße war immer öfter überlastet. Die Abkürzung bzw. alte Wegeführung von der Brückenstraße durch die Bahnstraße zur Parkstraße war eine Alternative mit einer Ampel weniger und wurde viel zu oft frequentiert. Schon seit Jahrzehnten war eine Umgehung geplant aber politisch nicht durchgesetzt worden. 2006 beschloss der Kreis Mettman, die geplante Umgehungsstraße zu bauen. Dafür waren 2 Kreisverkehre, eine Brücke über die Bahn und die Verlängerung der Brückenstraße erforderlich. Das Projekt hieß K20n und wurde 2009 dem Verkehr übergeben.
Winkelsmühle
Bürgersaal
Neubaugebiet Hasenhaus
Kreuzung Polnische Mütze
Wer mehr über Haan oder Gruiten wissen will, sollte sich auf der Haaner WWW-Seite umsehen. Mehr zur Geschichte der Eisenbahn in Gruiten gibt es hier
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© 1997 - 2021 Gerard Clemens letzter Update 22.05.2021)