Harzer Schmalspurbahnen
Ein Reisebericht aus dem Jahr 1997
"Der Harz, Deutschlands nördlichstes Mittelgebirge wird in seinem östlichen Teil von einem einzigartigen Schmalspur-Streckennetz durchquert. Mit diesem noch heute fahrplanmäßig mit Dampfverkehr betriebenen Netz wird die zerklüftete Gebirgswelt für den Reiseverkehr erschlossen. Die kleinen Züge mit ihren dampfenden Stahlrössern führen den Reisenden durch tiefen Harzwald, über steile Berge und durch romantische Schluchten, vorbei an ausgedehnten Wiesen und hin zu wunderschönen Ortschaften."
Dieser Satz, den ich einem Prospekt der HSB entnommen habe, hat heute wie vor über zwanzig Jahren Gültigkeit und beschreibt in wenigen Worten, warum es mich immer wieder in den Harz zieht und zog. Das erste Mal war in 1976, das letzte Mal in 1999. Zu DDR-Zeiten waren nur Wernigerode und einige weiter östlich gelegenen Orte für Touristen zugänglich, die interessanten Teile der Harzquerbahn lagen im gesperrten Grenzgebiet der DDR. Der Brocken war total gesperrt.

Hier zweigt die Brockenbahn von der Harzquerbahn ab.
Da für uns der Harz in gut vier Stunden zu erreichen ist, wählten wir das Gebiet für unseren Winterkurzurlaub. Der Brocken ist im Harz zugleich der höchste und ein ziemlich schneesicherer Berg und deswegen sollte unser Hotel nicht weit vom Brocken entfernt sein. Im Internet wurden alle Unterkunftsmöglichkeiten in Brockennähe gesucht und nach einigen Anrufen hatten wir das geeignete Hotel in Drei-Annen-Hohne, nicht weit vom gleichnamigen Bahnhof, gefunden. "Die HSB fährt direkt bei uns vor der Tür vorbei und zum Bahnhof Drei-Annen-Hohne sind es etwa 10 Minuten Fußweg durch den Wald. Die Entfernung zu Wernigerode beträgt etwa 8 km. Im Monat Januar sind unsere Preise wegen der geringen Nachfrage entsprechend budgetfreundlich". Alles vielversprechende Fakten, die die Entscheidung leicht machten und einen angenehmen Aufenthalt versprachen.

Unser erster Urlaubsausflug galt der Stadt Wernigerode. Wir wollten, wo nur möglich, für die weiteren Ausflüge die HSB benutzen und gingen deswegen in den HSB-Laden an der Marktstraße, um ein Abo zu kaufen. So erwarben wir für DM 80,- pro Kopf zwei Zeitkarten für fünf Tage, die auf dem gesamten HSB-Netz benutzt werden konnten. Rein "zufällig" kamen wir kurz danach am HSB-Bahnhof und dem HSB-Betriebswerk vorbei, wo einige Lokomotiven in der Abendsonne zum Ablichten bereit standen.

Selketal
Im HSB-Laden hatten wir uns mit Fahrplänen und Beschreibungen bestens eingedeckt. Doch bei der Planung unserer Touren stellten wir fest, dass es nicht möglich war, von unserem Standort aus nur mit der Bahn einen längeren Ausflug oder eine Tageswanderung zu unternehmen. Hätten wir eventuell am Morgen noch zu unserem Zielort kommen können, so gab es dann am Abend keine Bahn zurück oder es wäre für eine Wanderung keine Zeit geblieben. So waren wir an einigen Tagen doch wieder auf unser Auto angewiesen.

Gleich am ersten Urlaubstag hatten wir uns Quedlinburg als Ziel ausgesucht.
Den ganzen Vormittag verbrachten wir in der sehr gut erhaltenen, mittelalterlichen Stadt. Vor
dem Bahnhof fanden wir eine als Denkmal aufgestellte Reko 52-er und im Bahnhof rangierte eine "Ferkeltaxe"
mit Beiwagen.
Das Ziel für den Nachmittag war Gernrode, das wir über Thale am Hexentanzplatz vorbei
erreichten. In Gernrode hatten wir keine Zeit mehr für den Ort selbst. Wir hatten uns vorgenommen, eine
Teilstrecke der famosen Selketalbahn abzufahren und das hatte jetzt Vorrang. Der Plan sah vor, bis
Alexisbad zu fahren und dann im selben Zug nach Harzgerode weiterzufahren.
Der Schmalspurbahnhof Gernrode der HSB liegt neben dem Normalspurbahnhof der DB
außerhalb der Ortschaft. Direkt daneben befindet sich ein großer neuer Parkplatz, wo wir das Auto
abstellten. Es war ca. 14:00 Uhr und wir waren etwas zu früh. Auf dem gemeinsamen Bahnhofsvorplatz
stand eine Feldküche der ehemaligen NVA, wo Suppe und Würstchen serviert wurden.
99 7246-4 stellt unser Zug an den Bahnsteig
Gernrode, 24.1.97
Die Gegend war absolut menschenleer, auf dem Bahnsteig hielt sich ein einzelner, älterer Herr auf, aber
die Suppe dampfte und duftete als würde man einen ungeheuren Ansturm erwarten. Wir nutzten die
Zeit, den Normalspurbahnhof in Augenschein zu nehmen. Auf dem HSB-Bahnhof stand unsere Lok bereits
dampfend vor dem Lokschuppen. Wenig später fuhr sie zu ihrem Zug und stellte sich dann am Bahnsteig auf.
Die Heizkupplung zwischen der Lok und dem erstem Wagen gab ein lautes Zischen von sich und hüllte alles
in einen dichten Dampfschleier. Der Heizer versuchte den Schaden mit einem Hammer zu beheben,
hatte aber keinen Erfolg. Das Zischen und der Nebel blieben. Schade für mich, denn so konnte ich
während der Fahrt keine vernünftigen Videoaufnahmen machen. Der Zug bestand aus Lokomotive
99 7246-4 mit zwei rot-creme-farbigen Wagen und einem roten Packwagen. An Passagieren gab es nur den
einen Herrn und uns beide. Der Zug setzte sich laut Pfeifend in Bewegung und kreuzte die Straße direkt
am Bahnhof. Durch eine langgestreckte Kurve ging es an einer Neubausiedlung vorbei. Die Landschaft wurde
waldreicher und mit zunehmender Höhe nahm auch der Schnee zu. Wir fuhren nun durch ein Flusstal. Erneut
kreuzten wir eine Straße, wo Autos vor dem Zug warteten. Der Schnee links und rechts von der Strecke wurde
immer mehr. Schließlich war rundherum alles weiß und wir fuhren durch eine herrliche Winterlandschaft.
Die Lok stieß einen mächtigen Rauchpilz aus, der das ganze Tal wie ein Nebel
verdeckte. Vorbei ging es an kleinen Industriesiedlungen und an Fachwerkhäusern. Dann und wann lief die
Straße parallel zur Bahn. Das Eis auf dem Fluss war mangels Wasser eingebrochen und hing stellenweise
wie ein Balkon 30 bis 40 cm über dem Strom.
Unser Lokführer hatte seinen Sohn vorne mit auf der Lok.
Der Junge, 4-5 Jahre alt, war in einer richtigen, ihm viel zu großen Kluft gesteckt. In Alexisbad ging er
an der Hand seines Vaters in das Bahnhofsgebäude. Ein schönes Gebäude aus Naturstein mit einer
99 7246 wartet auf Abfahrt, Gernrode 24.1.97
Anzeigetafel, die aus Hunderten von kleinen Porzellanschildchen zusammengesetzt war. Unser Zug
musste eine Kreuzung abwarten, bevor es weiter nach Harzgerode ging. Die Luftpumpe unserer
Lokomotive seufzte gelangweilt. Nach einiger Zeit traf der Dieselzug aus Eisfelder Talmühle
ein, mit an der Spitze die Lok 199 891-3. Sobald der Dieselzug stand, stiegen Vater und Sohn Lokführer
ein und fuhren los nach Harzgerode. Es ging steil den Berg hinauf. Die Strecke war vielleicht 3 bis 4 km
lang und in wenigen Minuten waren wir oben in Harzgerode. Hier musste die Lok umsetzen und der kleine
Lokführer, der mit seinem Kopf gerade über die Führerhaustüre schauen konnte, sah uns im Vorbeifahren an.
Da stand ja einer mit einer Videokamera und er war im Bild! Nach diesem Manöver setzte die Lok wieder an
den Zug und der Kleine beobachtete den Großen beim Ankuppeln der Lok und dem Verbinden der Heiz- und
Bremsschläuche. Wir zogen zu Fuß davon, wieder zurück in Richtung Alexisbad. Wenig später waren wir im Wald.
Es war verräterisch glatt. Die dicke Schneeschicht war wiederholt aufgetaut und wieder gefroren. Stellenweise
konnte man überhaupt nur ganz behutsam schlittern und rutschen. Es war schon ziemlich dunkel als der Zug,
ebenfalls auf dem Weg nach Alexisbad an uns vorbeifuhr. Wir hatten das Meiste der Strecke noch vor uns. Manchmal
mussten wir auf dem steilen Fußweg in die Hocke gehen, um unsere eventuelle Fallhöhe bei einem Ausrutscher
zu verringern. Als wir endlich unten am Bach bei Alexisbad ankamen, standen wir auf der falschen Seite.
Der Bahnhof und die Schienen lagen jenseits des Wassers und es war weit und breit keine Brücke in Sicht.
Die Abfahrt des Zuges nach Gernrode kam schon näher und wir liefen am Bach entlang immer noch vom Bahnhof
weg. Durch die Bäume hatte ich im Bahnhof einen kleinen rot-beigefarbenen Triebwagen ausgemacht,
den wir leider wegen der Dunkelheit und der vielen Bäume nicht fotografieren oder filmen konnten. Ich
freute mich schon: "Das ist der Triebwagen, mit dem wir nach Gernrode zurückfahren werden", sagte ich noch.
Als dann endlich eine Brücke in Sicht war, hörten wir, wie sich das Brummen eines Diesels näherte. Ich
rannte los mit der Videokamera, bereit das brummende Triebfahrzeug zu filmen. Und siehe da, da kam "unser"
Triebwagen, der GHE T1, einfach an uns vorbeigefahren. Er war zu früh und so nahmen wir an, dass
es sich um einen Sonderzug handeln musste, der nun auf dem Weg nach Gernrode war.
Als wir am Bahnhof
Alexisbad ankamen, war es bereits vollends dunkel. Die gelbliche Natriumbeleuchtung des Bahnhofs lieferte
aber für die Aufnahme des "Triebwagens", wie der Zug im Fahrplan angekündigt war, gerade ausreichend Licht.
Von wegen, Triebwagen, der Zug bestand wieder aus einer Diesellok und zwei rot-beigefarbenen Personenwagen.
Wir waren müde, uns störte das nicht mehr. Im Zug war es durch das Rumpeln der Drehgestelle und das
Quietschen der Räder unangenehm laut, dafür aber warm und hell.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich gerne das uns
noch unbekannte Teilstück
der Selketalbahn abfahren. Das Teilstück zwischen Alexisbad und Eisfelder Talmühle. Wie wir den Fahrplan
auch kehrten und wendeten, wir fanden keine Möglichkeit, ohne Einsatz eines Automobils auch nur das kleinste
Teilstück dieser Strecke an einem Tag zurückzulegen. Um dennoch möglichst viel zu sehen,
HSB Kamel 199 861-6 trifft am 25.1.97 in Hasselfelde ein
wählten wir als Ausgangspunkt der Reise Hasselfelde, wo es um 9:52 einen "Triebwagen", also eine
Diesellok mit Wagen, nach Stiege gab. Mit dem Auto nach Hasselfelde war kein Problem. Ein Teil der
Strecke war uns schon bekannt und so fuhren wir über Elbingerode, Rübeland, über die Rappbodetalsperre
direkt nach Hasselfelde. Es war ein trüber Tag, aber es war wenigstens trocken. Hasselfelde liegt auf
485 M.ü.M. und der Bahnhof ist vollkommen verlassen und heruntergekommen. Unser Auto stellten wir auf
der Laderampe im noch jungfräulichen Schnee ab. Es gab sonst keine Autospuren und so nahmen wir an,
dass es an der Stelle nicht stören würde. In der Ferne konnten wir die Pfeife der Diesellok bereits
hören und kurz danach fuhr 199 861-6 in den Bahnhof ein. Hasselfelde ist ein Kopfbahnhof und so musste die Lok
an das andere Ende des Zuges umsetzen. Wir nahmen schon mal Platz und binnen wenigen Minuten waren wir
auf dem Weg nach Stiege.
Das erste Stück der Strecke bis Stiege führte über eine kahle, schneebedeckte und wenig interessante Hochebene. In Stiege, wo wir planmäßig um 10:13 Uhr weiter in Richtung Eisfelder Talmühle fahren sollten, bot sich das gleiche Bild wie in Hasselfelde: dunkle und verwahrloste Gebäude, dreckiger Schnee und grauer Himmel. Stiege ist ein Bahnhof in Form eines umgedrehten Y. Die beiden Zweige führen nach Eisfelder Talmühle und Gernrode. Der Stamm geht weiter nach Hasselfelde. Für die durchgehenden Züge von Eisfelder Talmühle nach Gernrode bedeutet das, dass sie in Stiege immer Kopf machen müssen. Eine interessante Wendeschleife wurde zu DR-Zeiten hier angelegt, um das Kopf machen der durchgehenden Züge zwischen Gernrode und Eisfelder Talmühle zu vermeiden. Zur gleichen Zeit wurde auch die Strecke Stiege - Straßberg wieder aufgebaut, die nach dem Krieg als Reparationsleistung für die sowjetische Besatzung abgerissen wurde.
Der in Stiege eintreffende Gegenzug, ein Dampfzug mit Lok 099 7246-4 aus Eisfelder Talmühle machte aber von der Wendeschleife keinen Gebrauch. Mit unserem Dieselzug fuhren wir von Stiege nach Eisfelder Talmühle weiter. Vorbei am Schotterwerk ging es durch viel Natur bis wir über eine lange Kurve, parallel an der Bahn nach Benneckenstein, in den Bahnhof Eisfelder Talmühle einfuhren. Hier stand bereits der Dampfzug, der von Nordhausen gekommen war und uns nach Drei-Annen-Hohne weiterbefördern sollte. Der Gegenzug musste noch abgewartet werden. Wir blieben am Bahnsteig im Schnee stehen, um die Kleinbahnatmosphäre zu genießen. Kurze Zeit später befanden wir uns auf der kurvenreiche Steigungsstrecke in Richtung Benneckenstein. Eine Zeit lang sahen wir noch die Bundesstraße 81 rechts unter uns am Flusslauf, dann waren wir nur von einer unberührten Schneelandschaft umgeben. Auf dem Weg nach Benneckenstein fuhren wir an die Orte Sorge und Elend vorbei. Ich stand die meiste Zeit auf dem Balkon von unserem Wagen und konnte in den Kurven vorne die Lok 99 7236-5 sehen. Unsere Lok fuhr mit dem Tender vorn. Die Steigungstäfelchen an der Strecke zeigten mir genau, wann die Auspuffschläge wieder lauter werden sollten und wo ich konnte, ließ ich die Kamera mitlaufen. Gelegentlich musste ich den Balkon verlassen und in den Wagen gehen, um mich wieder etwas aufzuwärmen. Die Ausfahrt in Elend bereitete der Maschine und dem Lokführer einige Probleme. Wiederholt kam die Maschine ins Schleudern.
Nach einer Stunde und zehn Minuten kamen wir in Drei-Annen-Hohne an. Vor dem
Einfahrsignal mussten wir noch etwas warten, bis der Zug vom Brocken in den Bahnhof eingelaufen war.
Nachdem nun auch unser Zug im Bahnhof stand, stiegen wir aus und warteten den durchgehenden Zug nach
Nordhausen ab. So um 12:00 Uhr herum ist hier betrieblich einiges los. Alle 3 Züge befinden sich zu dieser
99 7238-1 mit Zug nach Nordhausen und 99 7236-5
am Wasserkran im Bahnhof Drei-Annen-Hohne (25.1.1997)
Zeit im Bahnhof, überall dampft es und man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Der Zug, der
vom Brocken heruntergekommen ist, wartet an Bahnsteig 2. Geführt von 99 7238-1 fuhr
einige Minuten später der durchgehende Zug Wernigerode - Nordhausen ein. Die Zuglok unseres Zuges und
die Maschine vom Brocken mussten nun an den Wasserkran. Anschließend wurde rangiert. Der Brockenzug wurde
mit einem Wagen aus dem Zug nach Nordhausen verlängert. Um Punkt zwölf fuhren dann der Brockenzug und der
Zug nach Wernigerode gleichzeitig aber natürlich in entgegengesetzte Richtungen los. Fünf Minuten später
ging es ab nach Nordhausen und eine absolute Ruhe kehrte in den Bahnhof ein. Wir gingen zu der Unterführung,
ein Baudenkmal aus einer fernen Zeit, das irgendwie, ohne besondere Pflege zu genießen, ein
Jahrhundert im Originalzustand überlebt hat. Die Unterführung führte zu einem riesigen Parkplatz,
der nun verschneit und verlassen vor uns lag. Auf einer großen Schautafel an diesem Parkplatz fanden wir
eine Karte, auf der ein Wanderweg nach Königshütte über Rothe Hütte eingezeichnet war. Den Weg galt es zu
finden. Wir wollten nämlich nicht an der Straße entlang gehen. Eine Zeit lang liefen wir auf eine
teilweise aufgetaute Langlaufloipe, die parallel zur Straße nach Elbingerode verlief. Als die
Loipe aufhörte, gingen wir rechts in den Wald hinein. Damit hatte unsere abenteuerliche Wanderung nach
Hasselfelde begonnen. Das Wetter war nach wie vor grau in grau und wir hatten eine Wegstrecke von mindestens
3 Stunden vor uns. Wir hielten uns vor, um ca. 16:00 Uhr in Hasselfelde zu sein. Es war gerade 12:30 Uhr.
Nach etwas Unsicherheit hatten wir endlich den Weg mit dem roten Punkt gefunden. Bis Neue Hütte an
der B27 mussten wir diesem Zeichen nur nachgehen. Kurz hinter dem Gehöft gab es auf der linken Seite einen
Rastplatz mit einem Wasserfall, den wir uns ansahen. Dann unterquerten wir die Rübelandbahn und gingen
ein Stück an der Straße entlang, bis wir über Rothe Hütte mit seinen Eisengießereien zu Königshütte
kamen, dem Endpunkt der Rübelandbahn. In Königshof fließen kalte und warme Bode zusammen und
werden zur Bode.
Wir verließen nun die Straße und gingen am Fuße der Ruine Königsburg an der Warmen Bode entlang ein Stück flussaufwärts. Der Fluss war zum größten Teil zugefroren. Das Wasser unter dem Eis war abgelaufen und das Eis war in der alten Höhe hängengeblieben oder eingebrochen und vom Strom zusammengedrückt. Unser Weg war von nun an mit einem grünen Kreuz gekennzeichnet. Wir waren absolut allein, weit und breit war kein Haus zu sehen, nur Wald und Bäume. Stundenlang liefen wir ohne eine Menschenseele zu sehen. Dabei war das Gehen mitunter recht riskant. Die Schneeschicht war zusammengefahren, teilweise abgetaut und wieder gefroren. Bei jedem Schritt mussten wir aufpassen, nicht auszurutschen. Nach langer Zeit sahen wir die ersten Hinweise auf Hasselfelde. Aber noch waren wir nicht über das Vorbecken der Rappbode gekommen. Manchmal kam ein einzelnes Schneeflöckchen vom Himmel gefallen. Die Stille war unheimlich und erdrückend. Besonders wenn wir eine Pause einlegten und das Knirschen der Bergschuhe im Schnee aufhörte, war es so still, dass die Ohren anfingen zu Pfeifen. Kein Vögelchen war zu hören, kein Bisschen Wind, rein gar nichts. Wir hatten die "Wasserscheide" zwischen der Warmen Bode und der Rappbode überwunden und befanden uns auf dem Abstieg zu dem Vorbecken des Rappbodestausees.
Als wir über die Talsperre waren und Richtung Hasselfelde gingen, fing es ein wenig an zu schneien. Es war schon 16:00 Uhr, wir wurden langsam müde und deswegen legten wir eine kurze Pause ein und aßen unser letzter Proviant aus dem Rucksack. Es ging nun wieder Bergauf. Manchmal war es schwer, den Weg zu finden. Wir hatten den Wald verlassen, es wurde schon dunkel und wir gingen an einer endlosen Birkenallee in sonst kahler hügeliger Landschaft in Richtung Hasselfelde. Von der Stadt selbst, keine Spur. Endlich, es war schon fast fünf Uhr, kamen wir an einem Reitstall mit einem Restaurant vorbei, was für uns bedeutete, dass wir die bewohnte Welt wieder erreicht hatten. Aber immer noch keine Spur von Hasselfelde. Nach einer weiteren Viertelstunde tauchte die Stadt hinter einer Geländekuppe auf und wenig später standen wir erleichtert vor dem Bahnhof. Unser Auto war noch da, allerdings etwas eingeschneit. Es war nun total dunkel und der anfänglich leichte Schneefall hatte sich verschlimmert. Aus der Ferne tönte das Horn eines Diesels. Etwas später tauchten aus der Dunkelheit die Scheinwerfer der Lokomotive auf und ein Zug fuhr den Bahnhof ein. Während die Diesellok umsetzte, machten wir das Auto startklar und bereiteten uns auf eine chaotische Rückfahrt über verschneite Straßen vor.
Reisebericht Brockenbahn
Als wir am Samstagmorgen die Vorhänge des Hotelzimmers öffneten, war es das
herrlichste Wetter. Am stahlblauen Himmel ging gerade eine goldene Wintersonne auf, die ihr
warmes Licht über die frisch verschneite Wiese hinter den geparkten Autos ergoss. Die Tannen und Fichten
waren wie mit Puderzucker bestreut, ein Bild wie aus einem Wintersportprospekt. Am Waldrand ganz rechts
konnte ich die Eisenbahn sehen und hörte auch wie sich eine Diesellok näherte. Es kam ein Schneepflug
vorbei, geschoben von einer 1998.
Das Hotel "Drei Annen" am sonnigen Morgen des 26.1.1997"
Unser Entschluss war schnell gefasst; heute war der Tag für den Brocken. Nach dem Frühstück spazierten
wir zum Bahnhof. Dort waren wir die ersten; der Schnee war noch unberührt, nur die Schienen waren durch
den Schneepflug befahren. Recht bald kamen auch die ersten Fahrgäste für den Brocken von dem enormen
Parkplatz am Bahnübergang. Langsam füllte sich der Bahnhof. Als dann laut Pfeifend der Zug sich
ankündigte und die Lok 99 7245-6 zischend und dampfend um die Kurve kam, waren im Nu die Bahnsteige
voller Betriebsamkeit. Fotografen liefen umher und hielten die Lok beim Wasserfassen im Bild fest.
Passagiere stiegen aus dem Zug, um am Büdchen den letzten Proviant für den bevorstehenden Tag zu
besorgen.
Wir nahmen im vorletzten Wagen Platz. Ich nehme immer einen Wagen ziemlich am Ende des Zuges, um in den Kurven die Lok besser Filmen zu können. Die Wassertanks der Lok waren voll und der Zug fuhr mit kräftigen Auspuffschlägen aus den Bahnhof auf den Streckenast nach Schierke.
Die Strecke steigt beständig und führt durch langgestreckte Kurven von Drei-Annen-Hohne bis Schierke
durch den Wald. Der Bahnhof in Schierke wirkte wie eine kleine Winterkirmes. Fress- und Saufbuden, und
eine Betriebsamkeit, wie in einem alpinen Wintersportort. Die Lok hatte punktgenau am Wasserkran gehalten
und ließ ihre Tanks zum letzten Mal vor dem großen Anstieg noch mal ganz volllaufen. Als der Abfahrtspfiff
Zwischenstopp auf dem Weg zum Brocken, Schierke, 26.1.1997
ertönte, setzte sich der Zug mit lauten Auspuffschlägen in Bewegung. Nun kam der steilste Teil der Strecke.
Zunächst ging die Fahrt wieder durch den Wald. Auf der rechten Seite der Strecke befand sich ein
Wanderweg, der dicht von Wanderern belegt war. Bei der ersten großen Lichtung verzweigte
sich der Wanderweg und ein Ast des Weges kreuzte die Bahnstrecke. Weiter fuhren wir durch den Wald. Die
Kurven wurden enger und die Lichtungen wurden häufiger. Irgendwann hatten wir eine Art Baumgrenze
erreicht und die Vegetation bestand nur noch aus verkrüppelten Tannen und Buschwerk. Der Brockengipfel
war immer öfter vom Zug aus sichtbar kam aber dennoch nicht näher. Die Bahn führt hier in einer
Spirale um den Gipfel, um so die Steigung gering zu halten. Die Lok fuhr jetzt in der Sonne und sie
machte Dank der Kälte und des hohen Tempos reichlich Dampf. Die Wolken zogen an den Wagen vorbei und
hinterließen, weiß strahlend in der Sonne vor dem blauen Himmel, einen unvergessenen Eindruck.
Die Auspuffschläge donnerten und Kohle und Asche flogen mir sogar am letzten Wagen noch um die Ohren.
Kurz vor dem Gipfel legte der Lokführer noch mal einen Zahn zu, was für den armen Heizer wohl bedeutete,
dass er nun wohl pausenlos Kohle schaufeln musste. Für die Reisenden im Zug war das natürlich
ein zusätzliches akustisches Erlebnis. Oben auf dem Brockenplateau angekommen, setzte die Lokomotive an
das andere Ende des Zuges und wir gingen derweil zu Fuß weiter zum eigentlichen Brockengipfel.
Die Aussicht war wider Erwarten nicht besonders gut. Die Tiefebene in Richtung
Norden war mit einem dünnen, grau-grünen Dunstschleier verhangen. Unter dem Schleier konnten
wir die Stadt Ilsenburg mit einigen Fabrikschornsteinen ausmachen. Für einen weiteren Blick reichte es nicht.
Ein eisiger Wind wehte uns um die Ohren und zwang uns Kapuzen und Mützen wieder anzuziehen, die wir wegen
des schönen Wetters unten im Tal nicht mehr benötigt hatten. Der Rundgang um das Brockenplateau gestaltete
sich wegen der dicken Schnee- und Eisschichten als äußerst schwierig. Teilweise war die Schneeschicht
eingebrochen und unsere Bergschuhe rutschen in bis zu 30 cm tiefe Löcher. Zum Teil war der Schnee vom
Wind ganz weggefegt und eine verräterische Eisschicht bedeckte den steinigen Boden. Als wir fast erfroren
waren, schmeckte uns eine warme Erbsensuppe an der "Brockenbaude" natürlich exzellent. Der Wind
blies so heftig, dass uns die Suppe vom Löffel über die Kleidung flog und wir standen daher vornüber geneigt
am Tisch und schlürften die Suppe im Windschatten des eigenen Körpers vom Löffel. Wir hörten, wie der Brockenzug
den Gipfel wieder verließ und machten uns ebenfalls auf den Weg nach unten. Wir wählten die
"Brockenstraße", einen mit Platten betonierten Weg, der ziemlich geradlinig nach Schierke führt.
Teilweise war gar kein Schnee auf der Straße und die vereinzelten Langläufer, die wir sahen,
gingen am Rande der Straße und nahmen den Verschleiß der Skier wohl oder übel in Kauf. Ein Radfahrer auf
einem Mountainbike kam uns entgegen. Trotz der Kälte hatte er die Ärmel hochgekrempelt und er schwitzte
wie an einem warmen Sommertag. Nach einiger Zeit kamen wir an einen Bahnübergang.
99 7245-6 donnert mit Volldampf auf den Brocken (26.1.1997)"
Hier kreuzte die Straße zum zweiten Mal die Gleisspirale. Wir warteten, bis sich ein Zug
ankündigte. Zur selben Zeit kam von unten ein Pferdefuhrwerk und der Kutscher spornte sein Pferd an:
"Schneller Ramona, bevor der Umweltverschmutzer kommt!" Als Ramona mit dem Planwagen am
Bahnübergang vorbei war, kam in der Ferne auch schon der Zug von unten angedonnert. Ein Riesenspektakel!
Die Langläufer, die die Strecke als Loipe benutzt hatten, machten sich aus dem Staub. Es war genau die
Strecke, wo der Lokführer bei unserer Bergfahrt auch so viel Dampf gegeben hatte. Übrigens war es auch
"unsere" Lok, die an uns vorbeidonnerte, die 99 7245-6. Wir schauten den Zug nach und als das
Spektakel vorbei war, verließen wir den Bahnübergang und die Betonplattenstraße und bogen rechts in den
Wald ab. Der Wanderweg war total vereist und Leute die von unten hoch kamen warnten uns, dass es weiter
unten sogar gefährlich sei. Eigensinnig, wie wir waren, probierten wir es trotzdem und kamen ohne
Zwischenfälle unten am "Eckernloch" an, wo die Bahn in einer
Talwärts fahrender Zug am Eckernloch (26.1.1997)
scharfen Kurve den Bach auf einer Brücke überquert. Als ob es der Zufall wollte, wir standen noch
nicht an der Brücke und schon kündigte sich der talwärts fahrende Zug lautstark an. Natürlich
machten wir wieder einige Aufnahmen, bevor wir weiter durch das Bachtal in Richtung Schierke gingen.
Durch einen dichten Tannenwald erreichten wir eine Forststraße, die wieder herauf zur Bahnlinie
führte. Weiter ging es nun an der Bahnstrecke entlang durch den Wald bis zum Bahnhof Schierke. Beim nächsten
Bahnübergang bot sich wieder eine Fotogelegenheit. Wir mussten gar nicht lange warten, bis der
Zug, den wir bei seiner Bergfahrt im Wald gehört hatten, wieder an uns vorbei fuhr. Von hier nach Schierke
waren es immer noch ca. 4-5 km und der Tag ging schon langsam dem Ende zu als wir dort ankamen. Wie es
sich gehörte, waren wir auch hier wieder pünktlich für den letzten Zug auf den Brocken. Der wurde auch
noch mal fotografiert und gefilmt. Die Sonne stand schon tief am Himmel als wir uns in Richtung Drei
Annen aufmachten. Diesmal gingen wir nicht an der Bahnstrecke entlang, sondern quer über den Berg, in der
Hoffnung so etwas schneller zu Hause zu sein. Wir kamen an einem großen Granitbrocken vorbei, dem
Trudenstein, der mit Leitern und einer Aussichtsplattform ausgestattet war. Mir bot sich von oben ein
Blick in die untergehenden Sonne. Die Abendstimmung wurde auf Video festgehalten. Der Weg zog sich länger
hin als wir dachten. Kurz vorm Bahnhof Drei-Annen-Hohne bog nach Norden der Weg zum Hotel "Drei Annen" ab.
Er führte durch dichten Wald, stellenweise über Holzstege, die wohl wegen des Morastes angelegt wurden.
Auf den Bohlen hatte sich der alte Schnee gehalten, was das Gehen erschwerte. Es war schon richtig dunkel
geworden und das Licht des Hotels reflektierte im Schnee.
Der Montag war wieder ein wunderschöner Tag. Der blaue Himmel lockte und wir
nahmen uns beim Frühstück vor, nach Wernigerode zu wandern. Unser Wanderweg fing direkt am Hotel
an. Auf dem großen Parkplatz vor dem Hotel war eine Art Schutzhütte aufgebaut, bei der große
Tafeln mit der Übersicht der Wanderwege rund um Wernigerode standen. Wir wählten die Route über "Ottofelsen"
und "Steinerne Renne. Die Wegmarkierung führte zu einem gesperrten Weg, auf dem Waldarbeiter mit
der Rodung von Tannen beschäftigt waren. Wir, frech wie wir sind, gingen einfach durch die
Flatterbandsperre, grüßten die Arbeiter, die noch ihren etwas zu aufdringlichen Hund zurückpfeifen
mussten und gingen herauf in den Wald. Rechts unter uns konnten wir die Eisenbahnlinie ausmachen.
Leider fuhr kein Zug vorbei. Die Beschilderung des Weges war mal wieder sehr dürftig. Es dauerte nicht
lange und wir hatten die Orientierung nahezu verloren. Wir hielten uns daher eine Zeit lang an den
Schildern in Richtung "Bergrettungsdienst" und "Bergwart". Von dort ging das Verwirrspiel weiter.
Wir suchten den Ottofelsen. Die Beschilderung war teilweise da aber die Spur verlor sich auf einer
schneebedeckten Wiese oben an einem äußerst steilen und durch Eis und Schnee fast unbegehbaren Hang.
Die Fußspuren im Schnee führten von hier in alle Richtungen. Nicht mal die meistbetretene Spur, die wir
verfolgten, führte zu einem Felsen, so dass wir mehr oder weniger verzweifelt aufgaben und wieder den
mühsam erklommenen Berg herunterschlitterten. Bei der nächsten großen Übersichtstafel war die "Steinerne
Renne" wieder beschildert und die Welt für uns wieder in Ordnung. Noch hatten wir keine Ahnung,
was sich hinter dem Namen "Steinerne Renne" verbirgt. Nach einem halbstündigen Marsch in nördlicher Richtung
trafen wir auf einen Mann, der auf einmal rechts von uns einen kleinen Pfad hinunter ging. Der Pfad führte
zu einem Privathaus und so dachten wir: "Der wohnt da oder besucht da jemanden". Wir gingen an dem Weg
vorbei. Als wir uns noch mal umdrehten und in das Tal hinunter schauten, in das der Mann gegangen war,
sahen wir zu unserer Überraschung eine Art Hotel oder Restaurant, auf alle Fälle ein größeres Haus, das
leer zu stehen schien und uns vorher gar nicht aufgefallen war, weil das kleine "Privathaus" die Sicht
versperrte. Nun sahen wir auch, dass es auf der anderen Seite des Baches einen Wanderweg gab, der über
einen Steg mit unserem Ufer verbunden war. Wir drehten um und gingen ebenfalls den kleinen Weg hinunter.
Die Steinerne Renne.
Links oben das verlassene Lokal (27.1.1997)Der führte nicht
zu dem Privathaus, sondern ging dran vorbei und brachte uns über Stufen zu dem Restaurant, das sich jetzt
als leerstehendes Ausflugslokal entpuppte. Es war schon etwas unheimlich, alle Türen standen
offen, die Fensterscheiben waren eingeschmissen und alles sah so aus als wäre das Lokal vor kurzem noch in
Betrieb gewesen. Tische und Stühle, Verkaufsbuden auf den Terrassen, Geländer, Beleuchtung,
Werbeschilder und unser Weg sahen recht frisch aus und wären nicht die Spuren des Vandalismus da gewesen,
hätten wir angenommen, das Lokal habe Winterpause. Die Werbung für Eis (aus dem Westen) bestätigte
unser Gefühl, dass dieses Lokal auch nach der Wende noch in Betrieb war. Wahrscheinlich war der Fremdenverkehr
im Harz so zurückgegangen, dass es sich nicht mehr gelohnt hat, das Lokal länger zu betreiben. Am Anfang des
20. Jahrhunderts, als das Ausflugslokal erbaut wurde, muss hier wohl einiges mehr los gewesen sein. Heute
fühlen sich wohl die wenigsten Leute von Wanderwegen in "wildromantischen" Flusstälern angezogen und
fahren lieber mit dem Auto auf gut ausgebauten Autobahnen und machen an einer "romantischen" Raststätte
Halt. Über die Terrassenförmig angelegten Biergärten, die untereinander mit Steintreppen
verbunden waren, erreichten wir den Steg. Der Bach, "Eiserne Renne", war teilweise zugefroren und
die aus dem Wasser ragenden Felsköpfen mit dicken Schneemützen bedeckt. Das Bild war märchenhaft.
Es fehlte leider nur die Sonne, die hoch über uns auf das Ausflugslokal schien aber aufgrund der
Wintersaison den Grund des Bachtales nicht erreichen konnte. Wir verweilten eine ganze Zeit auf dem Steg,
machten Aufnahmen von Eis, Schnee, Wasser und Granit und genossen die Atmosphäre vergangener Größe. Der
Wanderweg führte ständig am rechten (östlichen) Ufer des Baches. Immer wieder gab es herrliche
Aussichten auf den von der Sonne beschienenen gegenüberliegenden Berghang. Die Granitklippen leuchteten
in der Glut der Wintersonne. Unterwegs wurde uns auch eine mögliche Erklärung für die "Eiserne Renne"
klar. An einer eisfreien Stelle des Baches konnten wir die Rostfarbe des Wassers ganz deutlich erkennen.
Die braun-rote Färbung deutet auf Eisen hin und "Renne" mag soviel bedeuten wie "Rinne". Uns reichte
das erst mal als selbstgestrickte Erklärung für den Namen. Eigentlich war der Weg gut begehbar, nur an
einigen Stellen wurde es etwas eng. Manchmal hatten auch die Waldarbeiter das von den Stämmen abgesägte
Geäst einfach auf dem weg liegen lassen und wir mussten drüber steigen. Nur an einem Denkmal am rechten Hang
Denkmal des Harzclubs
in der Steinernen Renne (6.1.2014)"
wurde es etwas brenzlig. Es war ein grob behauener Stein mit einer flachen Front, auf der ein
Bronzerelief eines Männerkopfes befestigt war. Die Inschrift des Steins lautete:
"Seinem Ehrenmitglied H.C. Huch
Schöpfer des Harzclubs
Zweigverein Wernigerode 1933"
Unten am Stein, oder besser zwischen Sockel und Stein entsprang ein kleines Rinnsal,
das durch die Kälte zu Eis erstarrt war und auf unserem Weg über die volle Breite eine Eiskruste von ca.
30 cm Stärke hinterlassen hatte. Mit äußerster Vorsicht nahmen wir das Hindernis, um nicht in das Flussbett
abzurutschen. Nach und nach wurde das Flusstal breiter und an einer Lichtung trafen wir auf einen wunderschönen
Baufall. Ein Fachwerkhaus mit diversen Stallungen. Es muss mal ein wunderschönes Haus gewesen
sein. Es war nicht alt (vielleicht Anfang des 20. Jahrhunderts) aber sehr schön und strahlte etwas sehr
Vornehmes aus. Verbotsschilder und Zäune verhinderten den Zugang. Kurz danach erreichten wir die
Bahnunterführung und damit den Talausgang. Hier sind verschiedene kleinere Industrien angesiedelt
und ein Wasserkraftwerk direkt unterhalb des Bahnhofs "Steinerne Renne" verbreitete ein monotones Summen.
Ein Denkmal erinnerte an einen unmenschlichen Transport von Juden während des zweiten Weltkriegs. Ein
anderes Brummen und Pfeifen unterbrach die Monotonie des Kraftwerks. Es näherte sich ein Personenzug
in Richtung "Drei Annen", der sich von einer 1998 (199 892-1) gezogen, in die enge Kurve legte.
199 892-1 mit Personenzug in der Kurve beim Bahnhof Steinerne RenneAls der Zug vorbei war,
warfen wir noch einen kurzen Blick in den Bahnhof. Ein hölzernes Empfangsgebäude, offene hölzerne
Wartehalle und zwei Gleise, die in einer Gegenkurve direkt am Berghang lagen, ein Paar Signale
und fertig war der Bahnhof. Wir setzten unseren Weg nach Wernigerode fort, wobei wir versuchten, so
nah wie möglich an der Bahnstrecke zu bleiben. Der Ortsteil Hasserode war erreicht, gekennzeichnet von
leeren Fabriken und Verfall. Besonders in der Nähe des Bahnhofs bot das ehemalige Kraftwerk
"Argenta" aus den zwanziger Jahren ein trostloser Anblick. Als wir weiter in den
99 7245-6 fährt durch die Kirchstraße (27.1.1997)
Ort hinein gingen, trafen wir auf eine
interessante Stelle, wo sich Bahn und Straßenverkehr begegnen. Für uns war das eine Fotostelle,
an die man als Eisenbahnfreund nicht vorbeigehen darf und wir mussten unbedingt die Durchfahrt
eines Zuges abwarten. Die Kirchstraße war links und rechts von bunten, kleinen Fachwerkhäusern
gesäumt. Auf einer Seite lagen die Schienen im Straßenplanum direkt vor den Fenstern und Türen
der Häuser. Für die Bewohnern muss wohl eine ähnliche Regel gelten wie für die Passagiere im Zug:
"Öffnen der Türe während der (Vorbei-)Fahrt verboten". Nach einiger Zeit kündigte sich ein Zug aus
Wernigerode an. Die Autos fuhren noch ganz ungestört durch die schmale Straße. Als der Zug schon
am Haltepunkt Kirchstraße stand, huschten mir immer noch Autos durch das Bild. Ein Kleinlaster fing
sogar in der schmalen Straße noch ein Wendemanöver an, während der Zug schon losfuhr. Dennoch klappten
unsere Aufnahmen einigermaßen, wie das nebenstehende Bild beweist. Die uns bereits
bekannte Lok 99 7245-6 führte den Zug. Ohne viel Krach und für einen Dampfzug eigentlich sehr behutsam wurde
die schmale Kirchstraße durchfahren.
Von nun an führte ein schöner Wanderweg direkt an der Bahnlinie entlang
bis kurz vor die Innenstadt Wernigerodes. Regelmäßig kamen Züge vorbei und so wurde uns nicht langweilig.
An Wernigerode Westerntor vorbei gingen wir zum Bahnhof Wernigerode, wo wir den Zug zurück nach
Drei-Annen-Hohne nahmen.

Lokomotiven und Triebwagen, die wir während unseres Aufenthaltes vom 24.1.97 - 29.1.97
in Betrieb gesehen haben:
"99 5903 als Traditionslok im BW Wernigerode (12.9.1977)
99 7231-6
99 7233-2
99 7236-5
99 7238-1
99 7243-1
99 7245-6
99 7246-4
199 861-6
199 870-7
199 891-3
199 892-1
187 012-0
187 015
HSB im Juli 98
Beim letzten Kurzaufenthalt in Wernigerode haben wir folgende Lokomotiven in
Aktion erlebt, bzw. betriebsfähig abgestellt gesehen:
HSB 99 7235-7 verlässt den Thumkullen-Tunnel,
den einzigen Tunnel der HSB (6.7.1998)
199 871-5
99 5901
99 6001-4
99 7222-5
99 7231-6
99 7233-2
99 7235-7
99 7237-3
99 7238-1
99 7239-9
99 7244-9
99 7245-6

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